Wie erst jetzt offiziell bekannt gegeben wurde, ist der zehnfache Deutsche Meister Horst Faber am Sonntag, den 4. Dezember 2022, in seinen Privaträumen in Kirchberg (Tirol) im stolzen Alter von 101 Jahren verstorben. Horst Faber galt in den 1930er Jahren als „Wunderkind“ mit der Perspektive des erfolgreichsten deutschen Eiskunstläufers der Geschichte. National konnte er diese Erwartungen mit zehn deutschen Meistertiteln erfüllen. Durch die Aussetzung von ISU-Meisterschaften und Olympischen Spielen nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und dem nachfolgenden Wettkampf-Ausschluss deutscher Sportler blieben dem großen Talent die prognostizierten internationalen Titel verwehrt.
Horst Faber wurde am 11. September 1921 als Sohn des Unternehmers Adolf L. und Traudl Faber (geb. Jäger) in Miesbach geboren. Nach Verkauf ihres Gutshofes zog die Familie nach München und wohnte dort am Thierschplatz 4 im Münchener Stadtteil Lehel. Sein Vater Adolf L. Faber führte die Firma „Aqualit“, deren Hauptgeschäftsfeld die Kesselreinigung bildete. Er war somit in der Lage, die kostspielige eisläuferische Ausbildung seines Sohnes zu finanzieren. Im Alter von 11 Jahren meldete ihn seine Mutter Traudl im Münchener Eislauf-Verein von 1883 an. Sie begleitete und organisierte die Laufbahn ihres Sohnes. Ab 1935 sorgten Sommertraining und Trainingsaufenthalte in London bei Meistertrainer Howard Nicholson, der u.a. auch Sonja Henie betreute, für Leistungszuwächse.
Nach nur drei Jahren systematischen Trainings wurde Horst Faber 1936 Deutscher Jugendmeister. Man nominierte ihn als Ersatzläufer für die Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen. Neben dem Eiskunstlaufen betrieb er noch Wasserspringen und war auch in dieser Disziplin Ersatzstarter bei den Olympischen Sommerspielen in Berlin. Bei seiner ersten Teilnahme in der Seniorenklasse bei den Deutschen Meisterschaften 1937 in Hamburg belegte er den dritten Platz und qualifizierte sich damit für die Europameisterschaften. Sein internationaler Einstieg bei den EM 1937 in Prag war mit Platz 8 gelungen.
Erste EM-Medaille 1939 in Davos
Grundlage für einen weiteren Leistungssprung sollte der Trainerwechsel zu Doppelolympiasieger Karl Schäfer bilden. Nach dem 3. Platz bei der DM 1938 in Köln verbesserte er sich bei der EM 1938 in St. Moritz um vier Plätze. Den undankbaren 4. Platz erreichte Horst Faber auch bei seiner ersten WM-Teilnahme 1938 in Berlin, wobei ihm lediglich eine Platzziffer zu WM-Bronze fehlte. Nach dem Gewinn seines ersten Deutschen Meistertitels bei der DM 1939 in Berlin reiste der 18-Jährige mit Zuversicht zur EM nach Davos. Hier erlief der Youngster hinter den Briten Graham Sharp und Freddie Tomlins mit EM-Bronze seine erste Medaille bei ISU-Meisterschaften.
Bei der nachfolgenden WM in Budapest wurde Faber als Pflichtzweiter hinter Sharp erneut von Tomlins in der Kür noch überholt und auf den dritten Platz verdrängt. Sein Markenzeichen bildeten der „Faber-Sprung“ – ein Axelsprungtyp mit Absprung und Landung auf dem gleichen Bein, die Kreuzpirouette mit enormer Rotationsgeschwindigkeit und hoher Drehzahl, tiefkantige Mondkombinationen sowie zahlreiche Zwischenfiguren, worin die Handschrift seines Trainers Karli Schäfer deutlich sichtbar wurde. Bei dem 1939 eingeführten Eissport-Dreistädtewettkampf von Wien, München und Berlin erhielt Horst Faber in der Kür die Höchstwertung 6,0.
Internationales Comeback mit EM-Silber 1951
1940 legte Horst Faber sein Abitur an der Oberrealschule Luitpold in München ab und wollte eigentlich Maschinenbau studieren. Seine letzte internationale Wettbewerbsteilnahme in der Kriegszeit bildete der „Große Preis der Reichshauptstadt“ 1941 in Berlin. In einem Feld von 12 Läufern aus fünf Ländern konnte er sich als Sieger durchsetzen. Horst Faber wurde zwar militärisch rekrutiert, der Reichsbund für Leibesübungen stellte ihn jedoch für seine sportliche Laufbahn als Eiskunstläufer und Wasserspringer frei. Er trainierte in diesem Zeitraum größtenteils in Berlin. Horst Faber wurde in den Jahren 1940, 1941 und 1944 jeweils Deutscher Meister. Einzig 1943 konnte ihn der Wiener Edi Rada einmal besiegen. 1941/42 setzte Faber verletzungsbedingt eine Saison aus.
Bei der DM 1944 gab er mit der Einzelläuferin Marta Musilek (Wiener EG) sein Debüt im Paarlaufen. Sie belegten den zweiten Platz und galten als „Eislaufsensation der Saison“. 1947 wechselte er wegen besserer Trainingsbedingungen zum SC Rießersee. Für seinen neuen Verein wurde er in den Jahren 1947, 1948, 1949, 1950, 1951 jeweils Deutscher Meister der Herren und erlief damit insgesamt neun Meistertitel im Einzellaufen! Nach Wiederzulassung der deutschen Eiskunstläufer gab Horst Faber sein internationales Comeback bei den EM 1951 in Zürich. Nach einem umstrittenen Preisrichterurteil unterlag er knapp Helmut Seibt (Österreich). Entgegen seinen ursprünglichen Plänen, bei den Olympischen Winterspielen 1952 zu starten, wechselte er ins Profilager, um Geld im damals boomenden Showgeschäft zu verdienen.
DM-Medaillen in drei Eiskunstlauf-Disziplinen
Ende Januar 1949 war die Verlobung mit Eva Prawitz und der Beginn des gemeinsamen Trainings als Eistanzpaar in der Presse bekannt gegeben worden. Eva Prawitz war Paarläuferin des Berliner Schlittschuhklubs, die mit Otto Weiß 1936 Deutsche Vizemeisterin, EM-Vierte und Olympia-Achte war. 1937 wurde sie Deutsche Doppelmeisterin mit Otto Weiss im Paarlaufen sowie mit Theo Lass bei der Premiere Deutscher Eistanzmeisterschaften. Horst Faber und Eva Prawitz kannten sich durch einen Trainingslehrgang für Neulinge seit Beginn ihrer Eislaufkarrieren und waren ab dem 18. Lebensjahr liiert. Bei den ersten Nachkriegs-Meisterschaften im Eistanzen am 23.1.1950 in Garmisch-Partenkirchen erliefen Prawitz/Faber den ersten Platz. Damit errang Horst Faber seinen zehnten Meistertitel und konnte als einziger Läufer in allen drei Kunstlaufdisziplinen Medaillen bei Deutschen Meisterschaften gewinnen. Am 12. September 1950 heirateten Eva Prawitz und Horst Faber.
Die Wiederzulassung der deutschen Läufer zu ISU-Meisterschaften bedeutete vorerst das Ende des Eistanzprojekts, denn Horst Faber konzentrierte sich auf sein Comeback im Einzellaufen. Nach seinem Rücktritt als Amateur wurde er mit seiner Frau Eva Teil der „Internationalen Eisrevue“ mit der Show „Walzertraum“. Anfang Januar 1952 ging die „Horst Faber Eisrevue“ unter dem Titel „Internationale Meisterparade“ an den Start. 1953 folgte ein Engagement bei der „Olympia Eisrevue“. Höhepunkt ihrer Profikarriere bildete der Eintritt als Stars in die „Scala-Eisrevue“. 1955 wirkten sie im Musikfilm „Ein Herz voll Musik“ mit. Bis 1962 waren sie mit ihrer eigenen „Faber-Eisrevue“ aktiv und setzten hauptsächlich Ausschnitte aus Operetten auf dem Eis um.
Unternehmensgründer und sportlich aktiv bis ins hohe Alter
1965 gründete Horst Faber sein eigenes Unternehmen: Sportartikel Faber – Fabrikation, Import und Export und Vertrieb von Mode- und Sportartikeln. Berühmt wurde es durch seine Erfindung von anfänglich einteiligen Kufenschonern bis hin zum Modell „Piccolo“, bei dem zwei Teile mit einer Feder verbunden sind. 1976 gründete er die Faber GmbH zum Vertrieb und Großhandel chemisch-technischer Produkte. In diesem Jahr zog das Ehepaar Faber nach Kirchberg bei Kitzbühel. Seit seiner Kindheit fuhr Horst Faber mit seiner Familie jährlich zum Skifahren dorthin und als ihm ein Grundstück angeboten wurde, baute er dort ein Haus. Am 14.8.2013 musste er Abschied von seiner Frau Eva nehmen. Wer die beiden kannte, berichtet, dass ihre Ehe von großer Zuneigung und gegenseitigem Respekt geprägt war.
Horst Faber erfreute sich bis zuletzt über beste Gesundheit, betätigte sich sportlich, war aufgeschlossen allen neuen Entwicklungen gegenüber. Noch im November unternahm er Ausflüge zu seinen Lieblingszielen nach Scheffau, Krimmel und Kufstein. Trotz seines fortgeschrittenen Alters war er durch eine unglaubliche Lebensfreude, Disziplin, Höflichkeit, Humor und Aktivität geprägt. Von seiner Eiskunstlaufleidenschaft zeugt seine Sammlung von Memorabilien, Medaillen, Urkunden, Fotos, Filmmitschnitten und Zeitungsartikeln.
Die Trauerfeier fand auf Wunsch von Horst Faber im engsten Kreis seiner Vertrauten in seinem Eiskunstlauf-Museum im Parterre seines Hauses statt. So wurde im Nachlass verfügt, dass eine in Gründung befindliche Stiftung den Nachwuchs im Eiskunstlauf dauerhaft fördern wird. Somit werden die Namen Horst und Eva Faber und deren außergewöhnliche Erfolgsgeschichte auch weiterhin im Eiskunstlaufgeschehen lebendig sein.
Autor: Dr. Matthias Hampe/red